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Alltag

Alltag? Ja kenn ich – von früher! Das waren zu 100% langweilige Tage, an denen nichts besonderes war, nichts aussergewöhnliches lief, blosse Routine, ohne Spannung, Action, Abenteuer, reinste Monotonie. Diese Tage haben sich allein dadurch unterschieden, dass sie Arbeits- Werk- oder Wochentage genannt werden konnten, regelmässig unterbrochen vom Wochenende.

 

Damals war der tägliche Gang zum Briefkasten der Höhepunkt des ganzen restlichen, stinknormalen Tages.

 

Heute, mit meinen vier Kinder, meinem Job, den zwei Katzen, zwei Hunden im Exil, dem dadurch entstehenden Haushalt, einem Mann im Aussen- und einer Schwiegermutter im Innendienst, ist Alltag für mich so weit entfernt wie Wellnessferien auf Timbuktu!

 

Ok, ab und zu versuche ich etwas Regelmässigkeit herzustellen, quasi etwas Alltag zu symbolisieren. Immer Montags waschen - immer Dienstags bügeln. Irgendwo habe ich mal gelesen, etwas Organisation sei einer effizienten Haushaltsführung unablässlich. Und, Ich würde mich echt gerne etwas koordinieren. Aber mein Umfeld lässt mich nicht!

 

Ich vermute nämlich schon lange, dass meine Woche gar nicht aus sieben Tagen besteht. Denn, wie lässt es sich sonst erklären, dass in meiner Küche am Freitag noch das Geschirr vom Dienstag steht?! Wären meine Tage zu 100%, ganz alltäglich planbar, schön einer nach dem anderen, wäre doch alles voll easy, Mo – So, locker vom Hocker!

 

Mein momentanes Leben lässt mir gerade mal, schätzungsweise, 5% Planung, sprich Alltag übrig. Und dass ist definitiv zu wenig um überhaupt wahr genommen zu werden. Was bleibt ist Üeberraschung, Unvorhergesehenes, Ungeplantes, Utopie, man kann es nennen wie man will.

 

Auf der Strecke bleiben meine Tage für Sport, Theater, Kino, Weiterbildung, Kosmetikerin, Coiffeur oder einfaches Abtratschen mit Freundinnen.

Zeiten auch, in denen ich mit meinem Mann reden kann, ohne unterbrochen zu werden, einfach kommunizieren in ganzen Sätzen, nicht nur verbalen Wortketten. Herrliche Vorstellung. Ob wir das mit der Zeit verlernen? Schreckliche Vorstellung.

 

Es gibt Tage, die sind so voller Spannung und Abenteuer, dass ich manchmal etwas wegzappe, wie bei einem etwas überdrehten Actionfilm.

Ich behaupte jedoch, jeden Tag wieder zu erkennen, würde er mir nochmals begegnen. Zugegeben, vielleicht erst mit dem Abspann.

 

„Ach ja, dass war doch der Tag, wo sich Bea die Zunge nähen lassen musst, nicht? War das nicht ein Tag nachdem unsere Ferien abgesagt wurden, weil das Hotel wegen Ungeziefer schliessen musste? Nein, Du irrst. Das war als sich Deni am Sonntagmorgen übergeben musste und Anna darauf ausgerutscht ist.“ „Sonst noch was?“

 

 

Ganz klar. Katastrophen haben den Vorteil, total hilfreich zu sein, das eigene Leben in verschiedenen Zeitzonen einzuteilen. Davor und Danach.

 

Das richtige Leben soll bekanntlich sowieso mit 66 erst anfangen. Und wer nicht so lange warten will, lebt sein Leben mit Kinder für den Moment. Voll von Tagen mit nicht alltäglichem Glück, mit Liebe und Freude an kleinen Dingen von grossen Herzen.

 

Ach, wie ich mich an diesen Jahren erfreue, mit allen Konsequenzen, mit allen Facetten die sie mir bieten. Oft möchte ich dann die Zeit anhalten, mal kurz auf „Pause“ drücken, um nur den einen Moment zu geniessen, stillstehen und einfach zusehen wie sie lachen, meine Kinder. Aber es geht weiter, immer weiter.

 

Hey, es gibt viel zu tun – packen wir’s an.

 

Ihre

Stella van Bergen

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