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Das erste Mal

Ich gestehe, ich google fürs Leben gerne. Nichts, zu dem man im Internet nicht Informationen fände – ob brauchbar oder nicht sei dahingestellt. Und jetzt, da ich einen Text zum „ersten Mal“ schreiben soll, fällt mir dazu auf Anhieb genau das ein, was man auch bei Google findet. Dabei geht es um das 3-Buchstabenword, das wir vor kleinen Kindern nicht benutzen und vor dem sich unsere etwas grösseren Kindern dann ekeln bis sie irgendwann dann doch Fan werden – und ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, welche dieser Phasen ich die beste finde…aber das ist ein anderes Thema.

Denn genau diesem Thema will ich mich hier NICHT widmen, nur schon, weil Sie es vielleicht erwartet hätten und ich Sie hier doch etwas überraschen möchte.

 

Stattdessen erinnere ich mich hier lieber an die vielen, vielen anderen ersten male, die es in unser aller Leben doch auch noch gibt, selbst wenn Google diese ausklammert. Das erste Mal alleine Velo fahren, ohne Stützrädli und ohne gehalten zu werden. Das erste mal Schnee im Winter. Das erste mal wo man im Frühling ohne Jacke raus durfte. Das erste mal wo man im Streit recht bekommen hat. Das erste mal, wo man alleine, neugierig und ängstlich zugleich, in die Fremde gereist ist. Das erste mal wenn der Schwangerschaftstest positiv anzeigt. Das erste mal wo man shoppen geht und auch tatsächlich genug Geld dafür hat. Das erste Mal selber Kleider aussuchen. Das erste mal wo man wusste, dass man im Recht ist und dennoch den Mund halten konnte. Das erste mal wo man sein eigen Fleisch und Blut im Arm gehalten hat. Das erste Mal, wo man seinen neuen PC problemlos alleine installiert hat…

Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden, bei mir wie sicher auch bei Ihnen. Alle diese ersten male haben etwas gemeinsam: der Adrenalinkick dabei war einfach super!

 

Da waren aber auch noch andere erste Mals…erinnern sie sich?

Das erste mal wo man sich eingestehen musste, dass die Eltern vielleicht doch recht hatten.

Das erste mal wo man sein Kind beim Babysitter zurücklässt. Das erste mal, wo man zurückgewiesen worden ist. Das erste mal wo man den tollen Job nicht hingekriegt hat. Das erste mal als einem ein vor Ärger und Wut rot angelaufenes Kind mitgeteilt hat, dass man es gar nicht liebe. Das erste mal als man den eigenen Kindern erklären musste, dass die Grossmutter nun im Himmel sei. Das erste mal als man jemanden enttäuscht hat obwohl man es nicht wollte. Das erste mal, wo man nicht da war, als man es hätte sein müssen…

Auch diese Liste würde endlos und auch diesen Dingen ist eines gemeinsam: der Adrenalinkick – nur dass der jetzt nicht super war!

 

Wenn Sie auch gerne googeln, haben Sie mich nun erwischt…das Stresshormon heisst nämlich tatsächlich Adrenalin und das Glückshormon, das ich im ersten Anlauf genannt habe, wäre das Noradrenalin, auch ein Hormon der Nebenniere. Im Volksmund aber verwenden wir ja gerne für beide Situationen den gleichen Namen, schlicht deshalb, weil wir einfach spüren, wie der Puls rast und wir in Aufruhr geraten, positiv wie negativ. Die Ausschüttung der Hormone schafft übrigens die Voraussetzung für die rasche Bereitstellung von Energiereserven, die in gefährlichen Situationen das Überleben sicher sollen – ist das nicht eine tolle Bezeichnung dafür, was bei unseren ersten malen mit uns passiert?

 

Wir bringen unseren Körper dazu, sich den gefährlichen Situationen des Lebens zu stellen – und wer, wenn nicht Mütter, benötigen diese Fähigkeit? Und genau deshalb geniesse ich sie alle, die vielen „ersten Male“, die ich jeden Tag erleben darf. Und wünsche Ihnen natürlich auch, dass auch Sie den Blick dafür nicht verlieren…

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