Die besseren Mütter
Ok. Ich soll mich also über „die bessern Mütter“ äussern? Feilschen wie ein Marktweib um die Gunst derer, die darüber urteilen mögen? Gut, bitte schön:
„Seht her meine Kinder, sind sie nicht wunderbar gut geraten?! Sind sie nicht herrlich kräftig, gesund und schön? Bitte seht, wie wohlerzogen, neugierig, selbstbewusst und witzig sie sind. Im Winter tragen sie Skianzüge und im Sommer T’Shirt. Im Herbst gebe ich ihnen den Schirm mit und ihm Frühjahr kriegen sie immer den ersten, zartesten Salat aus dem Bio- Garten. Zum Znüni kriegen sie Früchte und Gemüse, zum Zviere immer ein paar Dinkelkräcker. Schaut euch nur mal die weissen Zähne an. Immer geputzt, jeden Tag dreimal, manchmal sogar mehr. Ich bürge dafür!
Seht her, die Jüngste war schon mit 2 1/2 Jahre trocken. Ist das nicht ungewöhnlich früh für ihr Alter? Und meine Grosse, sie ist so unglaublich belesen. Und wie süss mein Jüngster, so wif und gross für sein Alter. Und dann meine Zweitgeborene, etwas Kreativeres könnt ihr lange suchen.
Noch nie ist eines meiner Kinder zu spät zur Schule gekommen. Sie beissen nicht, sie schlagen nicht, sie treten nicht. Auch sonst, sind sie weder verhaltensgestört, noch fallen sie negativ auf, sind trotzig oder besonders frech. Auch lügen sie nicht absonderlich viel oder oft, sozial sind sie bestens eingebunden. Schaut her Leute, meine Freude und Glück.
Ja bitte die Dame, der Herr?
Ach, sie meinen, dass käme sicher von meiner guten 24Stunden-Tages- Betreuung? All inclusive, all you can eat, Fünf Sterne Service, mit rund um die Uhr besetzter Reception, ansonsten bitte klingeln? Sie denken, ich sei meinen Kinder u.a. zu 100% Köchin, Gästebetreuerin, Aufgabenhilfe, Türöffner, Wäscherin, Putzfrau, Psychologin, Haardesignerin, Stylberaterin, Basteltante, Nachtwache, Krankenschwester, Zahnputzfee, Masseurin, Märchentante, Schwimmtherapeutin, Kummerkasten, Animatorin, Tanzcoach und Laufbahnberaterin? Nur so, könne Erziehung diesen gewünschten Erfolg zeitigen?
Nun, nicht ganz. Wissen Sie;
Bei uns war auch schon mal der Kühlschrank leer, weil ich es nach dem Büro nicht mehr zum Einkaufen schaffte. Die Hausaufgaben kontrollierte ich manchmal erst am frühen Morgen, fast schon auf dem Weg zur Schule, zwischen Tür und Angel. Auch habe ich schon mal vergessen die Wäsche in den Trockner zu legen. Meine Älteste musste nochmals die Unterhosen vom Vortag aus der Box holen. Das eine oder andere Mal war ich schon nicht da um zu trösten, bei Kummer und Schmerz. Zum Coiffeur gehen die Grossen schon selbständig und alleine Bus fahren finden sie toll. Im MuKi war ich noch nie und beim Märchen erzählen bin ich auch schon vor allen anderen eingeschlafen. Allen zuhören ist manchmal schwierig und hin und wieder, will ich auch gar nichts mehr wissen. Bei Fragen zum Leben, Lieben und anderen komplizierten Dingen weiss ich hin und wieder selber keinen Rat. Und bei Langeweile meiner Kinder rate ich ihnen immer zur Mithilfe bei der Hausarbeit. Fürs Basteln habe ich zwei linke Hände und mein Bügeleisen finde ich nicht mehr.
Ich kann ihnen also auch nicht genau sagen, wie es unter diesen Umständen zu diesen fröhlichen, aufgestellten und total normalen Kinder hat kommen können.