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Reichtum

Mein Haus, mein Auto, mein Boot….

Kennen Sie diesen Werbespot auch? Da geht es um zwei ehemalige Schulkameraden, die sich als Erwachsene wieder treffen. Jeder will den anderen übertrumpfen mit seinen Reichtümern und zeigt diese stolz auf Fotos. Ich habe keine Ahnung mehr, wofür da eigentlich geworben wird. Aber ich habe mir nach dem Spot dann doch auch meine Gedanken gemacht.

 

Mein Haus

Meine 4 Wände… sind der Rahmen für den Familienalltag. Ein Gefäss, gefüllt mit herumliegenden Legos (aua!), angefangenen Bastelarbeiten, die man nicht berühren darf (wie praktisch, auf dem Esstisch) und Endloszufuhr dreckiger Wäsche. Räume, die die Vorlieben aller verraten: die Kinderzimmer, die versinken in verschiedenen Spielzeugwelten und den Weg für den Staubsauger nur unter erschwerten Bedingungen frei geben. Die Küche, die dem Versuch, sauber zu bleiben, erfolgreich widersteht. Die Badezimmer, die sich irgendwie selbst in ein Dauerchaos mit herumliegenden Handtüchern und verspritzten Lavabos verwandeln. Die Waschküche, der einzige Raum, der hier von fast allen gemieden wird.

 

Mein Auto

Die natürliche Verlängerung der 4 Wände. Sogar hier liegt Spielzeug herum, das meiner Eingangskontrolle entgangen ist. Der Duft von der letzten McDonald’s Lieferung gemischt mit dem des nassen Hundes und des dagegen ankämpfenden Duftbäumchens. Die Krümel auf dem Sitz, die da gar nicht sein können, weil man ja im Auto bei uns nicht isst. Die Erde, die nicht nur auf dem Fussboden klebt, sondern auch an der Türe, wie auch immer das ging. Die auf leer stehende Benzinuhr, die mein eigene energiepotential anzuzeigen scheint.

 

Mein Boot

Na, zum Glück gibt es das gar nicht. Wäre ja bloss ein weiterer Ort, der Fläche für die Selbstverwirklichung aller Familienmitglieder bieten würde. Und ein weiterer Ort, der Pflege bräuchte. Und als Rückzugsmöglichkeit kaum brauchbar, weil ja da stets die Kinder mit dabei wären und zumindest eines davon noch nicht schwimmen kann und deshalb konstant überwacht werden müsste.

 

Trümpfe

Tja, meine Fotos wären wohl nur halb so beeindruckend wie die im Werbespot. Das Haus bräuchte Renovation (ich auch!). Das Auto macht auch nicht sehr viel her, ist wohl eher ein Gebrauchsgegenstand (ich auch!). Und das Boot, das nicht existente, wäre wohl auch nur etwas mehr, das Zeit beanspruchen würde (ich auch!).

 

Aber ich hätte da doch ganz andere Trümpfe in der Hand: der Kleine, der herzhaft lachend sein neues Spiderman-Kostüm präsentiert während der Hund an ihm hochzuspringen versucht. Mein Sohn, der frech grinsend mit seiner „Bande“ an mir vorbei läuft und unterwegs zu neuen unsinnigen Taten zu sein scheint. Mein Sohn, der interessiert einer Unterrichtsstunde folgt und später sogar noch weiss, was da gelehrt worden ist. Meine Kinder, die gemeinsam den Hund ausführen und dabei im Wald herumtollen (egal, ich wollte sowieso noch waschen). Mein Mann, der geduldig hilft, einen Lego-Lastwagen zu bauen. Meine Kinder, die miteinander darüber diskutieren ob der Teddybär im Winter Badehose und Sandalen tragen kann (weshalb hat eigentlich der Teddy mehr Garderobe als ich?).

 

Leider aber habe ich gerade in diesen Momenten nur selten eine Kamera zu Hand. Und so bleiben diese Bilder nur in meinem Kopf bestehen und ich kann nirgends damit angeben.

 

Dafür habe ich sie dann immer gleich vor mir, wenn ich es wieder mal dringend nötig habe, einen Lichtblick zu sehen. Und inmitten von Bergen dreckiger Wäsche mit einem gerade ausgefallenen Backofen und dem noch immer wartenden Staubsauger stehe ich vor den Betten, die ich noch machen muss, und grinse dümmlich vor mich hin… denn ich denke an:

Mein Leben, meine Familie, meinen Alltag!!!

 

Ich wünsche Ihnen allen, dass sie auch nicht tauschen mögen!

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