top of page

Startschwierigkeiten

er war also da, joshua, dieses berückende enkelkind, das so süss und schön war wie kein anderes. wie ein engelchen lag er in seinem bettchen neben anna und wir freuten uns auf den tag, an dem er nach hause kommen sollte.

als es dann so weit war, musste ich mir verkneifen, anna jede halbe stunde anzurufen. "das machst du nicht", dachte ich, "du hast dir vorgenommen, den neuen "jungen" nicht drein zu reden und jetzt kannst du grade anfangen, zu beweisen, dass es dir ernst ist". ich lebte also von den informationen, die so als brösel vom tisch der neuen eltern fielen. bis...

... ja bis es nachts um halb eins an meiner türe klingelte. davor stand eine total übermüdete anna mit einem schreienden baby, das sie mir sofort mit der schönen bemerkung "hier, du kannst ihn haben, die kleider bringe ich dir morgen" in den arm drückte.

sprachlos zog ich die beiden erst einmal in die wohnung. "er schreit und schreit und schreit und wir können es nicht mehr hören" weinte anna. "wir haben keine zeit mehr für gar nichts und alles, was ich versucht habe, hilft nichts".

nun ja, ICH war ja ausgeschlafen. also: "anna, geh du einmal ins gästezimmer und bleib dort mindestens zwei tage - und den kleinen nehme ich zu mir". darauf hatte ich ja noch nicht einmal im traume zu hoffen gewagt: er gehörte mir, wenn er auch nur geliehen für ein oder zwei nächte. milch hatte sie bereits abgepumpt, so dass ich einen moment lang glaubte, es sei ihr wirklich ernst gewesen.

joshua schlief friedlich neben mir, verlangte dann zwar seine flasche, aber dann schlief er wieder und am nächsten morgen, als anna auch einigermassen ausgeschlafen war, sah auch für sie die welt wieder anders aus. sie wollte ihn auf jeden fall zurück, leider. sie blieb dann noch eine nacht bei mir, während philip zu hause sein nervenkostüm wieder in ordnung brachte.

joshua hat dann nicht aufgehört zu schreien, er war wie sein onkel erik und ich erinnerte mich plötzlich daran, dass ich ihn in seinem bettchen einmal ins bad geschoben hatte (jawohl, rabenmutter! zur entschuldigung sei gesagt, ich war damals erst 21 und weit und breit keine mutter oder sonstige verwandte, die mich auch nur einmal für ein paar stunden entlastet hätte).

drei monate hat diese zeit gedauert - drei monate, in den wir alle wirklich starke nerven beweisen mussten - am meisten natürlich anna und philip. und als sie endlich aufhörte, waren wir genauso geschockt, weil plötzlich etwas fehlte.

aber kurz darauf konnte er lachen - und glauben sie mir, das war tausendmal schöner als sein schreien (an das wir uns allerdings auch heute noch, nach so vielen jahren, mit grauen erinnern...)!

 

ihre

 

Sybilla Gladbach
 

bottom of page