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Sturz

Sie kennen das vielleicht; Irgendwann finden wir uns wieder in einer Welt die mehr und mehr der unserer Eltern gleicht. Irgendwie bekannt und doch mit befremdlichem Staunen. Hart aber wahr!

Erst haben wir noch etwas darüber gelästert, dass die eigenen Eltern von Wehwechen erzählen, von denen wir insgeheim dachten, mit etwas gutem Willen liesse sich darüber hinweg fühlen. Erst noch rochen wir - halb fasziniert, halb angewidert - wie Mutti sich ächzend den Tigerbalsam über das steife Genick strich mit den Worten „Salben hilft allen’thalben“.

 

Wir lächelten, wenn Vati Mühe hatte, sich aus der Couch wieder hoch zu wuchten, obwohl da bereits 4 Kissen lagen, die eigentlich bereits mehr ein Sitzen im Liegen ermöglichten. Noch nicht lange her, waren unsere Eltern alt und wir höchstens mal etwas übernächtigt. Nun fühle ich mich alt UND übernächtigt. Mit Wehwechen die sich auch mit viel, mit ganz viel gutem Willen nicht aus der Welt schaffen lassen.

 

Mein Günther reibt mir jetzt den Rücken mit Rheumasalbe ein. Wo er doch,  vor nicht all zu langer Zeit, diesen noch wohlig mit Masseageöl in Tantra-Aromen tränkte, einzig mit dem Ziel, mich mit Baby-Wohlfühl-Schnurren in den Schlaf gleiten zu lassen. Hach ja .....

 

Wenn ich doch wenigsten eine Sportverletzung vorweisen könnte. So was cooles wie eine Snowboard-Handgelenk-Muskel-Zerrung. Einfach hipp. Oder ein Tennisarm, vom Asse schlagen und Breakball kontern. Oder wenigstens so was wie ein Windtrauma, vom letzten Segeltörn, den wir natürlich – trotz allem – gewonnen haben.

 

Aber nein, ich bin bloss schnöde die Treppen runter gefallen! Wie hört sich DAS denn an?! Sicher nicht nach „fitter Mami im Sauseschritt“. Dann schon eher nach „dicker Mutter mit Hinternfett“. Ja, es geht bergab, stetig bergab.

 

In der Apotheke war mir das Mitgefühl – oder soll ich eher sagen - Mitleid der Verkäuferin sicher. Der Tipp zur genannten Rheumasalbe kam von ihr, den wärmenden Nierengurt in Naturwolle verbat ich mir. Zum Schluss bekam meine Tochter ein Gratismuster des Parfüms  „ooh la Love“ und ich „etwas zur Zellregeneration ab 40“. Ja, viiiielen Dank auch!

 

Aber ich werde mich nicht so leicht geschlagen geben. Nein, ich werde mir meine Gesundheit, meine Jugend, mein Aussehen zurück erobern. Schliesslich bin ich hart im Nehmen, ich kann mich richtig quälen, meine Muckis werden sich noch wundern, zu welchen Höchstleistungen ich sie nach völliger Genesung antreiben werde. Schmerz ist geil wird mein Motto sein. Am Besten, ich buche sofort für das nächste Jahr ein Fitness-Abo „all-inclusive“.

Und dann hole ich mir aus der Apotheke das Parfüm  „young and dynamic“, beobachtet und bewundert von der oben erwähnten Verkäuferin. Meine Tochter aber lasse ich zu Hause. Sonst fragt sie an der Kasse wieder: „Mami, brauchst du noch Hühneraugen-Pflaster?“

 

Herzlich

Ihre Stella van Bergen

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