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Mami ist krank


Schnieff, röchel, hust… und trotzdem: helf, such, bring.

Ja, genau! – Mami ist krank.


Die Nacht war lange, gefühlte 100 Stunden. Das Fieber stieg und stieg und nach einer kurzen Einschätzung liegt es nun irgendwo bei 40 Grad, aber das ist bei Mutter ja nur «leichte Temperatur». Der Kopf scheint zu platzen, der Körper schüttelt und die Beine versagen immer mal wieder. Das schwarz vor Augen ist leider nicht die befreiende Dunkelheit der Nacht, sondern sonst irgendeine Begleiterscheinung der Krankheit. Mami ist krank.


Ach, wie schön wäre es, nun liegen zu bleiben und zu versuchen, doch etwas Schlaf zu bekommen. Das Rendezvous mit der Kloschüssel scheint nun langsam abzuflauen und so könnte Mami doch eigentlich nun ihrem Körper ein wenig Ruhe gönnen. Schliesslich gibt es doch so einiges zu erledigen heute und dazu muss Mutter wieder fit sein. Aber: Mami ist krank.


Papi hat sich eben ins Büro davon gemacht, denn dort stehen heute wichtige Termine an. Er ist überzeugt, dass Mami alles auf die Reihe bekommen wird, irgendwie. Die Kinder sind nun wach. Der Älteste hat schon ein gewisses Verständnis und sieht, dass Mami Hilfe braucht. Allerdings braucht er diese auch, denn er findet seine Schwimmsachen nicht. Mami sucht und da sie, wie praktisch, sowieso gerade am Boden liegt, sieht sie die Badesachen unter dem Bett. Ungewaschen, klar. Der Herr Sohn ist nun sauer und will wissen, ob es so viel verlangt ist, ab und zu seine Badehosen zu waschen? Er verweigert nun trotzig das Frühstück und es bedarf vieler entschuldigender und tröstender Worte sowie einer sauberen Badehose. Letztere wird beim Bruder aufgetrieben, leihweise. Die Worte aber fehlen, sorry: Mami ist krank.


Der zweite Sohn indes ist nun mufflig, weil Mami einfach so seine Badehose nimmt. Und so das Problem des Bruders löst. Obwohl sie bei ihm, als er das letzte Mal ein Problem hatte, nicht so hilfsbereit war. Weil sie eh immer nur dem Bruder hilft und nie ihm. Schmollend sitzt er am Frühstückstisch und wartet auf sein Müsli. Das kommt zwar, ist dann aber, oh graus!, die falsche Sorte. Mami sagt nichts mehr, der Mund ist ihr zu trocken, die Energie fehlt, denn: Mami ist krank.


Der kleine Sonnenschein des Hauses bekommt die miesen Schwingungen mit und schwupps, schon hat auch er schlechte Laune. Schliesslich hat ihn Mami heute auch nicht wach gekitzelt, wie sonst. Und seine Brüder nerven einfach mal wieder. Die verlangten Brote sind zwar wunschgemäss mit zweierlei Konfitüre geschmiert, aber nicht in Stücke geschnitten. Und die Rinde sowieso zu hart, Frechheit! Ausserdem muss Mami nun endlich zuhören, was er erzählen will: vom Zooausflug, der vor 4 Wochen stattgefunden hat. Von dem Ausflug, zu dem Mami x-fach nachgefragt hatte und zu dem der kleine Prinz bis heute nichts sagen wollte. Jetzt aber leert er sein kleines Köpfchen und kramt jede Erinnerung x-fach und endlos hervor. Er erzählt in aller Ausführlichkeit, was ihn daran hindert, sich anzuziehen. Mami hilft also, was in diesem Fall bedeutet, dass sie ihn komplett und ohne grosse Kooperation anziehen muss. Denn der Kindergarten wartet. Wobei die Apfelschnitze, die Mami eben vorbereitet hat, auch wieder falsch sind. Heute muss es Birne sein, unbedingt. Seufzend rüstet Mami die Birne und packt das Kindergartentäschli. Dabei entdeckt sie darin einen zettel, den die Kindergärtnerin mitgegeben hat. Die Kinder müssen heute leere WC-Papier-Rollen zu Bastelarbeiten mitbringen. Heute? Woher nehmen wir die denn so auf die Schnelle? Dem Kleinen schiessen bereits die Tränen in die Augen, denn er wäre ganz bestimmt das allerallereinzige Kind weit und breit, das nicht 10 leere Röllchen mitnimmt. Mami schleppt sich zum WC-Papier-Vorrat und rollt ab, was sie kann. Nach einigen Minuten ist das Problem erledigt und Mami auch. Sie rutscht auf dem Hosenboden die Treppe nach unten, zieht alle an, vergisst den Leuchtbändel auch nicht und stellt alle Kinder raus, damit diese in die Schule oder den Kindergarten gehen. Den leidenden Blick des Hundes ignoriert sie, denn: Mami ist krank.


Mit letzter Kraft schleppt sie sich nun aufs Sofa, wo sie zusammenbricht. Bis mittags geht es nun nur noch um eines: Mami muss gesund werden, hopp-hopp!!!!


In diesem Sinne, gute Gesundheit!

Anna Schreiber

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