Da mein Mann und ich in der glücklichen Lage sind, alles an materiellen Dingen zu besitzen die wir meinen zu brauchen, schenken wir uns etwas, wovon wir nie genug bekommen. Zeit zu zweit! Neulich war es wieder mal soweit. Wir fuhren weg für ein langes Wochenende. Nur er und ich. Nunaj, eigentlich auch noch mit unserer jüngste Tochter, damit ich sie stillen konnte. Aber ein Kind allein zählt ja nicht.
Babysitter gebucht, Kühlschrank gefüllt
Unsere restlichen vier Kinder wurden durch ein ausgeklügeltes Baby-Sitter-Sharing-Team betreut. Die Cousine war für die erste Nacht zuständig, das Grosi übernahm die 2. Halbzeit. Alle guten Ratschläge waren verteilt, der Kühlschrank gefüllt. Jeder wusste was zu tun – und vor allem- die nächsten drei Tage zu lassen war. Es konnte also losgehen.
Obwohl nur zu zweit (+1) schafften wir es, den Familienbus voll zu packen, mit Koffer, Fahrrädern, Schuhen, Faserpelz bei Wetterumbruch und High-Heels, falls frau ausgeführt wird. Der Abschied reichte für die Zeitdauer einer Weltreise. Den grossen Kindern sah man an, dass sie auf ein „etwas" anderes Wochenende hofften, unsere zwei Kleinen winken tapfer. Der Bus rollte die Strasse runter. Wir schafften es gerade mal 50 Meter, als ich die Fragen aller Fragen stellte: „Haben wir an alles gedacht? Zahnbürste, Geld, Unterhose, Pass .... ?" Stopp! Schnell nochmals zurück und leise ins Haus schleichen. Die Kinder spielten bereits mit dem engagierten Babysitter. Ich hörte meinen Jüngsten nochmals fragen, wie oft er jetzt bis zu unserer Heimkehr schlafen müsse. Ach der Arme, er wird uns so schrecklich vermissen. Ob ich ihn nochmals drücken soll? Nein, nichts wie weg hier, einmal Abschied nehmen pro Tag reicht.
Einkind-Familie im Stress
Die Weiterreise verlief dann alles in allem recht ereignislos, ausser dass ich auf halber Strecke unsere Tochter stillen musste. Spät angekommen im Hotel, gab's erstmal dann Essen für uns Eltern. Spätestens da merkten wir, ein Kind ist nicht kein Kind. Ein Kind macht eine ganze Menge Arbeit. Mein Mann und ich wechselten uns beim gegenseitigen Fleischschneiden führsorglich ab, der Nachtisch wurde aus Zeitmangel gestrichen. Unser Nesthäkchen wollte herum getragen werden, etwas was zu Hause immer irgendwer macht, der Vorteil einer Grossfamilie. Unsere Kleine hatte da offenbar etwas gründlich missverstanden. Die Reise war nicht hauptsächlich dazu gedacht, IHR mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nein, wir dachten da eher an elterliche Zweisamkeit mit stiller Begleitung. Zugegeben, dass ihr Schlafplatz inmitten des unsrigen lag, lies anderes vermuten.
Arrangement unter Freunden
Um es vorweg zu nehmen; wir verbrachten alle drei herrliche Tage am Bodensee. Fuhren Fahrrad, assen lecker Fisch und konnten viele Dinge besprechen, für die zu Hause immer irgendwie zu wenig Zeit oder zu viele Dezibel herrschten. Aber es hat zugegeben ein paar Stunden gedauert, bis sich unser Dreiergespann gut positioniert hatte. Wann hatten wir seit ihrer Geburt schon mal soviel Zeit für uns, und nur Zeit für sie? Bei soviel Aufmerksamkeit schlief unsere Jüngste danach stundenlang. Somit fiel auch noch reichlich Zeit ab für unsere partnerschaftliche Zweisamkeit.
Wissen wenn's passt
Quintessenz aus der Geschichte; gesunde und selbstbewusste Kinder wissen ganz genau, wann sie punkten können. Sie holen sich das, was sie brauchen, bei der erstbesten Gelegenheit. Einzig wir Eltern brauchen wie immer etwas länger, wägen hin und her, ab und zu, ob es denn nun auch grad passt und richtig ist, an sich selbst zu denken. Dabei wäre alles so einfach. Unsere nächste Auszeit ist schon gebucht. Und weil bei unserer Heimkehr zu Hause alle so glücklich waren, diesmal zu zweit.
Herzlich Ihre Stella van Bergen, muetter.ch
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